Winterfüchse jagen auf Augenhöhe

So manche deftige Erkältung ist das Ergebnis stundenlanger Ansitze auf den Winterfuchs, die sich der Raubwildjäger auf zugigen Hochsitzen holt. Nicht selten muss der Nimrod seine Passion viel zu früh wegen des eiskalten Ostwindes aufgeben. Doch das muss nicht sein. Die heute oftmals in Vergessenheit geratene Luderhütte gewährt dem Jäger deutliche Vorteile bei der winterlichen Ansitzjagd.

Veröffentlicht am 16.12.2021

Text und Fotos: Matthias Meyer

Seit zwei Tagen steigt das Thermometer wieder leicht über den Gefrierpunkt. Doch in den letzten Wochen hat sich ein ordentlicher Schneeteppich gebildet. Am Luderplatz ist kräftig Betrieb, so dass die Entscheidung nicht schwerfällt, bereits am späten Nachmittag die altbewährte Luderhütte inmitten einer ausgedehnten Fichtendickung zu beziehen. Schon vor einigen Jahren baute ich sie geschickt in den Randbereich der Fichten an einer kleinen Wildäsungsfläche inmitten einer mehrere Hektar grossen Dickung ein. Sie überblickt den Luderplatz, der auf der Freifläche liegt, von der Südseite her. So blendet selbst der tief stehende Mond nicht oder verrät den Jäger durch ungewollte Lichtreflexe auf dem Gewehrlauf. Die Ansitzhütte lässt sich vollkommen störungsfrei über einen langen Pirschweg selbst dann erreichen, wenn dort bereits Betrieb ist. Denn aufgrund seiner versteckten Lage wird der Luderplatz sogar tagsüber immer wieder gern vom Fuchs angelaufen.

Langsam nähere ich mich der Luderhütte von hinten, wage einen raschen Blick an ihr vorbei auf den Luderplatz. Aufgeplustert und träge sitzen zwei Bussarde auf dem ausgelegten Rest einer überfahrenen Rehgeiss. Behutsam öffne ich die Tür auf der Rückseite und schliefe in die bequeme Ansitzeinrichtung ein. Mit wenigen Handgriffen liegt das Sitzkissen auf der Bank. Jedes noch so kleine Geräusch schluckt die handbreite Schicht Sägemehl auf dem Boden. Das Fernglas findet seinen Platz rechts neben mir, die geladene Bockbüchsflinte schiebe ich vorsichtig durch den langen Schlitz in der Gaze, die über die Fensterluke gespannt ist und einen Blick von aussen ins Innere der Hütte sicher verwehrt. So liegt die Waffe auf dem Bohnensack bereits fertig für den Anschlag. Das ist ein grosser Vorteil, denn wenn sich Reineke in Schrotschussweite am Luder befindet, kann er nur schon durch die Bewegungen oder Geräusche des Anschlagens gewarnt sein und blitzschnell das Weite suchen.

Die Luderhütte
Die Luderhütte, früher auch als Lauer-, Fuchs- oder Erdhütte bezeichnet, ist eine ebenerdig errichtete dichte Ansitzeinrichtung in Schrotschussweite zu einem Luderplatz. Früher wurde sie nicht selten als flache Erhebung um ein gegrabenes Erdloch herum gebaut, das der Jäger von hinten über einen Laufgraben ungesehen erreichen und beziehen konnte. Sinnvollerweise wurde das Ansitzloch in einen kleinen Hügel oder Wall gegraben, damit aufsteigendes oder zusammenlaufendes Regenwasser sich nicht darin sammeln konnte. Das Ansitzloch in der Erde wurde gegen nachrutschendes Erdreich mit Brettern verschalt, die Brüstung etwas höher gezogen und das weit ausladende Dach dann mit Grasplaggen und Moospolstern in die Umgebung eingepasst.

Nicht selten suchte man in Feldrevieren für die Luderhütte einen geeigneten Platz aus, so dass man sie ebenfalls als Krähenhütte für die Jagd mit dem Uhu auf Rabenvögel kombinieren konnte. In Schrotschussweite dienten sogenannte Fallbäume zum Aufbaumen derselben, wenn sie auf den auf der Jule sitzenden Hüttenuhu hassten. Der Schuss war nun keine Schwierigkeit mehr.

Der Standort
Heute verwendet der Jäger sinnvollerweise Ansitzhütten. Baut er sie dazu noch auf zwei miteinander fest verbundene Europaletten, sind sie sogar mobil und lassen sich mit jedem Frontlader-Traktor mühelos versetzen, wenn einmal ein Platz versagen sollte. Das wichtigste ist die Auswahl des Standortes. Neben der Berücksichtigung des Mondlichtes, spielt insbesondere der Wind die alles entscheidende Rolle. Zumindest haben wir in einer Winternacht am Boden meist einen konstanten Wind. Denn anders als auf einem Hochsitz machen uns Thermik, überkippender oder küselnder Wind meist nicht ständig Ärger. Die Luderhütte hat gegenüber einem Hochsitz den weiteren Vorteil, dass sie vollkommen geräuschlos zu beziehen ist, denn auch bei Frost knarzen keine festgefrorenen Bauteile, Leitersprossen oder lassen die Türe festfrieren. Ein idealer Platz ist in der Nähe von einem nicht zufrierenden kleinen Bachlauf. Zum einen kaschiert er sicher Geräusche, die der Jäger doch einmal unbeabsichtigt macht, zum anderen sucht alles Raubwild regelmässig am Gewässerrand nach Nahrung.

Auf Fensterklappen kann der Jäger getrost verzichten. Optimal steht die Hütte, wenn man sogar drei Seiten geschlossen lassen kann und der Schussbereich nur über eine Frontöffnung zu beobachten ist. Wenn diese mit einer dichten grünen Kunststoffgaze überspannt wird, werden sämtliche Bewegungen in der dunklen Hütte von aussen unsichtbar, während der Jäger aber draussen alles beobachten kann. Ein Längsschnitt in der Mitte der Luke nimmt den Gewehrlauf auf und gestattet ein Schwenken in alle Richtungen. Zum Schutz gegen Schneefall oder Regen können wir über der Luke ein breites Abweiserbrett anschrauben, dass den Gewehrlauf schützt, wenn er wie oben bereits beschrieben, vorsorglich in Position gebracht wird.

Der Luderplatz
Der eigentliche Luderplatz sollte in etwa 25 Metern Entfernung errichtet werden. So sind wir mit einer gut deckenden Schrotgarbe nicht zu grosser Schrote gut bedient. Damit wir bei schlechten Lichtverhältnissen die Gefahr von Fehlschüssen reduzieren, sollten wir im Radius von 10 Metern um den eigentlichen Luderplatz alle Büsche, Sträucher, Asthaufen und grössere Steine sorgfältig entfernen. Im Prinzip ist es egal, ob wir kleine Luderbrocken eingraben oder mit einer Luderröhre arbeiten, wobei letztere klare Vorteile mit sich bringt. Zum einen liegt das Luder oder auch Hundetrockenfutter stets trocken, zum anderen hat der Jäger einen riesigen Vorteil, seine Waffe anzuschlagen, wenn er abwartet, bis der Fuchs in die Röhre schlieft und davon garantiert nichts mitbekommt. Zum dritten zeigt der Fuchs stets seine empfindliche Breitseite der dünnen Kammerwände, wenn er ein- oder wieder ausschlieft. Dazu muss natürlich das Luderrohr quer zur Schussrichtung verlegt sein. Schüsse mit Schrot auf den spitz stehenden Fuchs sind unbedingt zu unterlassen, der Erfolg ist meist vergebens, man hinterlässt nur angebleites Wild!

Da man insbesondere bei Mondlicht aus einem bodenebenen Sitz heraus schlecht Entfernungen schätzen kann, sollte man sich Entfernungsmarken zumindest bei der maximalen Schrotschussdistanz auf 35 Metern setzen. Ich verwende dazu einen Köderpfahl, einen stabilen Pflock, den ich etwa einen bis einen Meter fünfzig aus dem Boden herausschauen lasse und in dem ich vorwiegend seitlich lange Schrauben oder Nägel befestige. Sie dienen der Aufnahme weiterer Kirrbrocken. Auf das Stirnholz kann zudem mit Essenzen gearbeitet werden. Das Raubwild kann die Leckereien nicht gleich aufnehmen und muss folglich lange am Luderpfahl zubringen, um etwas zu ergattern. Nimmt das Raubwild den Köderpfahl also an, stellt es sich meist seitlich daran aufrecht und bietet so ein sicheres Ziel für die Schrotgarbe. Weiter entfernt stehendem Wild trägt der Jäger besser die kleine Kugel an.

Die optimale Waffe
Die optimale Waffe für den Ansitz in der Luderhütte ist der Drilling oder die Bockbüchsflinte mit lichtstarker, variabler Optik. Neben der Kugel bietet auch der Schrotschuss mit Hilfe des Zielfernrohres ein absolut sicheres Abkommen, vorausgesetzt, der Schrotlauf ist auch auf das Absehen abgestimmt. So vermeidet man sicher beim nächsten Ansitz ein Fehlen oder Krankschiessen. Wo mit Schwarzwild zu rechnen ist, sollte von vornherein ein geeignetes Kugelkaliber dabei sein, denn die Sauen suchen sehr gern regelmässig beschickte Luderplätze auf.

Wer an dem ausgewählten Platz einen eher schlechten, das heisst, zu flachen Hintergrund hat, braucht aber nicht unbedingt deswegen ein mulmiges Gefühl zu haben. Ich verwende an meiner Luderhütte stets als «Kugelfang» eine Wand aus aufeinander gestapelten Stroh- Quaderballen. Sie dienen zum einen wirklich als Kugelfang und hellen darüber hinaus den Hintergrund auch bei schlechten Lichtverhältnissen brauchbar auf, dass sich Fuchs und Sau ausreichend abheben. Zusätzlich stellen sich alsbald jede Menge Mäuse ein, die mir auf natürlichem Weg nicht nur eine zusätzliche Köderfunktion als Mäuseburg bringen, sondern auch in besonders strengen und schneereichen Wintern Eulen und Greifvögeln helfen. Schliesslich werben wir Jäger doch auch für den Naturschutz! Vor der Strohwand und um die Luderröhre verteile ich aus denselben Gründen reichlich Weizenspelzen. Selbst bei Feuchtigkeit und strengem Frost gelingt es so, die Kirrbrocken in dem losen Material zu verstecken und das Raubwild lange am Platz zu beschäftigen.

Ansitze bei Mondlicht …
… im verschneiten Wald haben etwas Besonderes, Spannendes und Geheimnisvolles. Der Adrenalinspiegel schnellt spürbar in die Höhe, wenn ein Fuchs plötzlich vor uns auftaucht und in dieser vollkommen ungewohnten Perspektive viel grösser wirkt. Das Erlebnis wird unvergesslich, wenn er nicht selten zum Greifen nah auf Augenhöhe vorbeischnürt und der Jäger fürchtet, ihn allein durchs Atmen zu vergrämen. Gelingt nach all dem Nervenkitzel der Abschuss, kann man den Puls erstmal wieder runterfahren, um dasselbe wenig später erneut «durchzumachen», denn nicht selten schiesst man aus der Luderhütte zwei oder sogar mehr Füchse in einer Nacht und ist nicht nur dabei, sondern mittendrin!

 

Der Bau der Luderhütte

Als Grundlage meiner transportablen Luderhütte dienen zwei fest miteinander verschraubte Europaletten. Sie nehmen eine geschlossene Bodenplatte aus Holzdielen auf. Mit Kanthölzern errichtet man nun das Grundgerüst. Die Masse der beiden Paletten geben etwa eine Breite/Tiefe von 120 cm vor und eine Länge von rund 180 cm. Die Höhe sollte sich zwischen 170 und 180 cm bewegen und gern beim Dach ein Gefälle von 10 cm haben. Als Dach dienen mir gewellte Dachplatten. Sie sollten so bemessen werden, dass wir einen grosszügigen Dachüberstand bekommen, der wiederum für Jahre die Grundsubstanz der Luderhütte schützt. Mittig in die Frontseite schneide ich eine Luke von etwa 30 x 40 oder 50 cm, Gewehrauflage etwa 100 cm vom Boden aus. Im Inneren gestalte ich entweder eine Sitzbank oder verwende auch gern einen bequemen Lehnstuhl. Auf den Boden fülle ich später vor Ort eine grosszügige Schicht aus Sägemehl, die viele Geräusche sicher schluckt. Das Gerüst wird entweder mit Brettern oder besser noch mit wasserfesten Spanplatten winddicht verkleidet. Unterhalb der Tür oder Einstiegsluke lasse ich einen ca. 40 cm breiten festen Bretterrand stehen. Er verhindert weitestgehend das Verquellen der Tür und das Eindringen von Mäusen. Die Fassade wird entsprechend dunkel gestrichen und/oder mit Tarnnetz verhängt und dann vor Ort noch mit Ästen usw. verblendet und in die Umgebung eingebaut. Die Schiessluke wird von innen mit einer stabilen, blickdichten Gaze bespannt, die ich mit einem mittigen Vertikalschnitt trenne. Durch diesen Schlitz wird später der Gewehrlauf geschoben und im Inneren auf einem breiten Fensterbrett und einem weichen Bohnensack positioniert. Bei Bedarf gibt der grosszügige Innenraum auch die Möglichkeit zum Aufstellen eines Heizstrahlers. Die fertige Hütte kann mit einem Anhänger ins Revier gebracht und mit einem Frontlader vorsichtig auf Steinplatten gesetzt werden. So bleibt die Luderhütte rundherum trocken und erfüllt jahrelang ihren Zweck.

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