Schiessen wie auf der Jagd

Das Jagdschiessen auf dem San Bernardinopass ist mehr als ein jagdlicher Wettkampf: Hier lässt sich in atemberaubendem Alpenpanorama praxisnah trainieren.

Veröffentlicht am 08.09.2022

Sinkende Teilnehmerzahlen sind ein Problem, mit denen Jagdschiessen vermehrt zu kämpfen haben. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Immer wieder hört man von jungen Jägerinnen und Jägern, dass der Wettkampfcharakter zu sehr im Vordergrund stehe und es zu stark ums Sportschiessen gehe. Ebenfalls trete man einander auf dem Stand zu sehr auf den Füssen herum. Und viele mögen es schlicht nicht, vor viel Publikum zu schiessen, auch wenn sie treffsicher sind.

Einen Gegenakzent dazu setzen Jagdschiessen in freiem Gelände. Hier laufen die Schützinnen und Schützen allein oder in kleinen Gruppen von Stand zu Stand, um unter möglichst realen Bedingungen zu schiessen. Im Vordergrund steht das jagdliche Training und nicht der sportliche Wettkampf.

90 Sekunden Zeit

Gelungenes Beispiel für ein als Pirschgang angelegtes Jagdschiessen ist jenes auf der Alp Mucia, unterhalb des San Bernhardinopasses. Dieses Jahr hat es – nach zweijähriger, Corona-bedingter Pause – zum 17. Mal stattgefunden.

Das Programm des Jagdschiessens auf der Alp Mucia umfasst folgende Disziplinen:

·       Gämse: 1 Schuss aus 170 m; liegend aufgelegt

·       Murmeltier: 1 Schuss aus 80 m; liegend freihändig (ohne Stütze)

·       Fuchs: 1 Schuss aus 90 m; in Sitzposition freihändig (ohne Stütze)

·       Reh: 1 Schuss aus 80 m; stehend mit Stockstütze

·       Hirsch (mobile Scheibe): 1 Schuss aus 50 m; stehend, freihändig (ohne Stütze)

Die Stände liegen im Gelände verteilt und sind auf Trampelpfaden erreichbar. Um das Jagdschiessen möglichst praxisnah zu gestalten, wird pro Stand nur ein Schuss abgegeben. Dieser zählt in jedem Fall. Und: Jeder Schuss muss innerhalb von 90 Sekunden ab Kommando «Feuer frei» abgegeben werden. Überschreitet man die Zeit, so wird der Schuss mit einer «Null» gewertet. Zusätzlich bildet die .222 Rem das Mindestkaliber und zugelassen sind nur Jagdwaffen mit einem maximalen Gewicht von 5,2 kg. Hilfsmittel aus dem Sportbereich wie Schiessjacken sind verboten.

Mindestens einmal im Leben sollte man teilnehmen

Etwa 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben dieses Jahr am 16. Juli das Jagdschiessen auf der Alp Mucia besucht. Sie kamen vor allem aus den Kantonen Graubünden und Tessin sowie dem angrenzenden Italien.

Doch auch einige Unterländer aus Revierkantonen hatten den Weg auf sich genommen. Und man kann allen Revierjägerinnen und -jägern – insbesondere aus dem Flachland – wärmstens empfehlen, einmal an einem solchen Jagdschiessen teilzunehmen. Denn es ist nicht nur ein einmaliges Erlebnis, sondern es stellt selbst routinierte Schützen vor Herausforderungen, an denen sie wachsen können.

Gewinner erzielte 44,1 Punkte

Auffallend war, wie ruhig und entspannt das Jagdschiessen ablief: Viele Schützen zogen allein oder in kleinen Gruppen aus Freunden von Stand zu Stand. Diszipliniert und ohne sich um die Belange anderer zu kümmern. Trotzdem kam der Wettkampf nicht zu kurz: Den Gewinnerinnen und Gewinnern winkte ein reicher Gabentisch, gedeckt mit Zielfernrohren und Beobachtungsoptiken des Hauptsponsors Kahles, einer Flinte von Beretta, Bergschuhen und vielem mehr.

«Der oder die Erstklassierte im Einzelwettkampf erhält zudem den Wanderpreis «Tiro di Caccia Distretto Moesa»», erklärt Jörg Walter, Präsident des Jagdschiessens. Wer den Preis dreimal gewinne – auch nicht in Folge – erhalte ihn permanent. Der diesjährige Gesamt-Gewinner heisst Hubert Natter, er erzielte hervorragende 44,1 Punkte. Die 0,1 Punkte kommen übrigens von einer Musche: Diese werden mit + 0,1 Punkten gewertet. Bei den Frauen siegte Bettina Janser mit 38,1 Punkten. Die maximale Punktzahl für alle fünf Schuss auf dem San Bernardino beträgt 45,5 Punkte (für das Murmeltier gibt es maximal 5,1 Punkte, für die übrigen Ziele maximal 10,1 Punkte).

Eine Null? Kann passieren!

«Man darf nicht frustriert sein, wenn man hier selbst als erfahrener Schütze eine Null schiesst», sagt Jörg Walter. «Die Schüsse sind allesamt herausfordernd und werden beeinflusst durch Umweltfaktoren und den Zeitdruck.»

Viele der Teilnehmenden würden den einen oder anderen dieser Situationen auf der realen Jagd vermeiden. «Hier geht es aber auch darum, an die Grenzen zu stossen und zu erkennen, was persönlich machbar ist – das schützt vor Fehlschüssen auf der Jagd.»

Na ja: mit dem Rotpunkt auf 170 m

Der Spass kam trotz der herausfordernden Schüsse auf der Alp Mucia nicht zu kurz: So forderte Hauptsponsor Kahles die Südtiroler Jagd-Influencerin _jagaweibile_ zu einem nicht ganz ernst gemeinten Duell heraus. Dabei schoss Josef Kampfer, Leiter PR & Online-Kommunikation bei Kahles, mit einem Helia-Rotpunktvisier, während das Jagaweibile sinnvollerweise zum Kahles Helia 3,5–18x50i griff. Josef Kampfer scheiterte nicht überraschend: «Ich sah auf die längeren Distanzen leider nur einen grossen roten Punkt und nicht die wichtigen Punktezähler-Kreise. Schnell war mir dann klar: Ich hätte anstatt des Helia RD-C unbedingt unser neues Helia 1,6–8x42i montieren sollen!»

Wer ebenfalls mit unpassender oder veralteter Zielvorrichtung auf der Alp Mucia erschien, konnte sich anschliessend auf dem Stand von Kahles beraten lassen. Dort war das gesamte jagdliche Sortiment des weltweit ersten Zielfernrohrherstellers ausgestellt. Die vorher beim Jagdschiessen gemachten Erfahrungen und das abwechslungsreiche Gelände ermöglichten es, die Produkte so zu testen, dass man etwas wirklich Passendes für sich finden konnte.

Weitere Infos unter: www.tirodicaccia.com

 

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