Bewegungsjagden organisieren

Die Führung von Jagdgästen auf der Einzeljagd erstreckt sich gewöhnlich in einer persönlichen und übersichtlichen 1:1 oder 2:1 Führung (zwei Jäger und ein Führer). Aber auch die Jagdgastführung im Rahmen einer großen Gesellschaftsjagd ist möglich. Aufgrund der Vielzahl an Jagdgästen obliegt dem Jagdleiter diese Management-Aufgabe, die er in Teilen an erfahrene Mitarbeiter delegieren kann und muss. Erfahren Sie, welche Aufgaben in der Vorbereitung von der Wahl des Jagdgebietes über die Standortwahl der Schützenstände und die gesamte Logistik bis hin zur gezielten Jagdgastbetreuung durch einen erfahrenen Standbegleiter notwendig werden.

Veröffentlicht am 24.08.2021

Text und Fotos: Matthias Meyer

Hohe Schalenwildbestände sind vielerorts nur mit der Einzeljagd allein nicht mehr zu kontrollieren. Bewegungsjagden, insbesondere wenn sie noch Revier übergreifend auf einer großen Fläche erfolgen, haben sich als effektive Maßnahme zur Reduktion der Bestände erwiesen. Doch stellen Gesellschaftsjagden hohe Anforderungen an eine penible Vorbereitung, die allgemeine Logistik und an zeitlich koordinierte Abläufe. Nicht nur für die Planung und Organisation, sondern insbesondere für die straffe Durchführung bedarf es eines kompetenten und erfahrenen Jagdleiters, um Erfolg und Sicherheit an diesem Tag für alle Mitwirkende zu gewährleisten.

Was ist eine Bewegungsjagd?
Die Bewegungsjagd ist eine Jagdart, bei der Schalenwild organisiert und planvoll über die gesamte Zeitdauer der Jagd gleichzeitig auf großer Fläche durch frei suchende und fährtenlaut jagende Hunde so in Bewegung gebracht wird, dass es auf ausgesuchten Standplätzen abgestellte Jäger möglichst vertraut anwechselt, gut angesprochen und Wildbret schonend sowie Tierschutz gerecht erlegt werden kann. Sie versteht sich als eine effektive Ergänzung zur Einzeljagd, um dem gesetzlichen Auftrag nach einem artenreichen, gesunden und der Landeskultur angepassten Wildbestand nach zu kommen. Sie sieht die Jagd als Gemeinschaftsaufgabe für Wald- und Feldjäger über die Reviergrenzen hinaus.
Jeder Gesellschaftsjagd, egal ob auf Schalenwild im Wald oder auf Niederwild im Feldrevier, muss die ihr angemessene akribische Vorbereitung zu teil werden. Sie ist die Basis und entscheidet maßgeblich nicht nur über Erfolg oder Misserfolg, sondern garantiert vor allem einen unfallfreien Ablauf des Jagdtages.

Bei einer ersten Grundsatzplanung an der Revierkarte überlegen wir, ob sich das Revier überhaupt für die Durchführung einer Gesellschaftsjagd eignet. Insbesondere die zu wählende Jagdart und die näher spezifizierte Jagdmethode sind dabei durchaus gewissen Beschränkungen unterworfen. Größe und Struktur des Reviers, Anzahl und Größe potentieller Schwarzwildeinstände und nicht zuletzt die spezifischen Verhaltensweisen der zu bejagenden Wildart entscheiden hier. Antworten darauf setzen jahrelange Erfahrungen und aufmerksames Beobachten aller Vorgänge im Revier zu allen Jahreszeiten voraus.

Jagden mit großen Streckenerwartungen stellen die Verantwortlichen nicht selten vor ungewohnte Aufgaben im logistischen Bereich. Neben der „Führung“ vieler Schützen und Jagdhelfer in einem festen Zeitrahmen muss insbesondere die Wildlieferung, Wildversorgung und der spätere Absatz großer Mengen Wildbret geregelt sein, denn gerade dafür sind die Zeitfenster sehr klein, soll es als hochwertiges Lebensmittel gelten. Nicht selten fallen für die Durchführung einer entsprechend großen Jagd auch Kosten an. Besonders ins Gewicht fallen Aufwendungen für Dienst leistende spezialisierte Jagdhelfer wie die Führer von Stöber- und Schweißhunden, ein professionelles Aufbrechkommando sowie Bewirtungskosten am Jagdtag.

Die gesamte Vorbereitung gehört in die bewährten Hände eines erfahrenen Jagdleiters. Zusätzlich muss dieser auf ein verantwortungsvolles Team von Jägern zurückgreifen können, dem er bestimmte Aufgabenbereiche delegieren kann.

  • Schützenansteller
  • Standbegleiter für unerfahrene Jagdgäste
  • Treiberführer oder Organisator Stöberhundeeinsatz
  • Wildbergung
  • Wildversorgung
  • Nachsuchenkoordination
  • Verkehrsregelung, Funkbetrieb

Bereits im Sommer beginnt der Jagdleiter mit den Vorbereitungen für die herbstlichen Jagden mit einer Grobplanung, die dann anschließend in einer Feinplanung mit konkreten Arbeitsaufträgen bis etwa acht Wochen vor dem Jagdtermin ausgefüllt wird. Den Abschluss bildet wenige Tage vor der Jagd eine letzte Arbeitsbesprechung und Jagdeinweisung mit allen beteiligten Funktionaren. Neben der fehlerlosen Umsetzung ist besonders auf die strikte Einhaltung des Zeitplanes großer Wert zu legen, insbesondere wenn zwei und mehr Treiben geplant sind. Je straffer und konkreter ein Jagdleiter sein Team instruiert hat, desto ruhiger und stressfreier läuft der Tag ab. Jagdgäste müssen den Eindruck haben, dass alle Vorgänge automatisch und selbstverständlich ablaufen, ohne dass eine direkte Führung erkennbar wird!

Gemeinsam und doch autonom
Bei der frühzeitigen Grobplanung muss Einigkeit darüber erzielt werden, welche Form der Bewegungsjagd gewählt werden soll und welche Wildart(en) in den Fokus rücken. So gibt es in der Treibjagdform, der Auswahl des Schützenstandes und der Auswahl des Treiberdrucks elementare Unterschiede bei nahezu allen Schalenwildarten zu berücksichtigen, wenn die Jagd erfolgreich sein soll. Reine Jagden auf Schwarzwild benötigen einen gewissen Druck seitens der Treiber und Hunde, um es auf die Läufe zu bringen. Selbiger veranlasst Rot- und Muffelwild beispielsweise zu konzentrierter Rudelbildung ohne dass ein Schütze überhaupt zu Schuss kommt. Eine Grundvoraussetzung für eine effektive Gesellschaftsjagd ist das Vorhandensein von Wild. Schalenwild ändert jahreszeitlich oder witterungsbedingt seinen Tageseinstand. Kenntnisse, wann und wo das Wild im Revier steckt, sind also elementar. Eine schwierige Frage ist immer der Umstand, ob eine Jagd Revier übergreifend stattfinden soll. Einer wildbiologisch sinnvollen Ausdehnung des gleichzeitigen Drucks auf alle Einstände einer Population stoßen aber nicht selten auf Ablehnung bei einzelnen Revierinhabern. Die Organisation dieser Mammutaufgabe hinterlässt aber nur Wirkung, wenn wirklich alle Revierinhaber einer Hegegemeinschaft ihre eigenen Interessen dem gemeinsamen Ziel einer sinnvollen, relativ störungsarmen Jagd hintenanstellen. Sinnvollerweise organisieren die jeweiligen Jagdleiter Revier eigene Jagden, die lediglich in der Zeitplanung (Beginn und Ende sowie Stöbereinsatz) und Fragen der Sicherheit grenznaher Stände von einem Gesamtverantwortlichen (Hegeringleiter) koordiniert und später auch ausgewertet werden müssen.

Der Jagdtermin kann viel entscheiden
Der späte Herbst und frühe Winter gelten als die beste Zeit für Gesellschaftsjagden. Jagden im Januar sollten die seltene Ausnahme sein und ganz stark vom Wetter abhängig gemacht werden, denn nicht selten herrschen zumindest in den Bergrevieren strenger Frost und hoher Schnee. Beides macht nicht nur dem Wild (auch bei der Zielart Schwarzwild werden Wildwiederkäuer, deren Stoffwechsel auf Sparflamme läuft) durch Energieverlust zu schaffen und verursacht unsinnige Waldwildschäden, sondern überfordert auch den Jäger in Konzentration und Schießfertigkeit und belastet die Jagdhunde körperlich extrem.

Während in reinen Nadelholzrevieren zeitig begonnen werden kann, sollte in Laubholzrevieren oder solchen mit viel Unterholz erst der die Sicht verbessernde Laubfall abgewartet werden.

Feste Schützenstände erschließen nicht nur das Sichtfeld, sondern geben Sicherheit
Leider finden Schalenwilddrückjagden in so manchem Revier noch immer in Form von Standtreiben wie Hasenjagden im Wald statt. Der Misserfolg in Form von geschlossen durchbrechendem Wild, schlechten Treffern und vielen Nachsuchen sind stets die Folge. Schalenwildjagden müssen auf großer Fläche (500 bis 1.000ha pro Trieb) so ausgerichtet werden, dass sämtliche Einstände des Wildes punktuell und zeitgleich beunruhigt werden und die Schützenstände dazwischen auf ganzer Fläche an den Fluchtwechseln stehen.

Anzahl und Standort der Stände sind für die herbstliche Bewegungsjagd bereits im Sommer nach bereits vorhandenen Kenntnissen über die Fluchtwechsel festzulegen. Ideale Plätze kristallisieren sich über Aufzeichnungen langer Nachsuchen (Laufschüsse) oder zunehmend über die exakten Auswertungen der Garmin- Geräte leistungsstarker Stöberhunde heraus. Sie zeigen uns an der hinterlegten topografischen Karte exakt, wo der Hund Wild findet, eine schnelle Sichthetze einsetzt und welchen Fluchtwechsel Wild und Hund nehmen. Die Fluchtwechsel anlässlich einer Beunruhigungsjagd sind grundsätzlich andere als die vertrauten Wechsel vom Einstand zur Äsungsfläche!
Die Zahl der einzuladenden Schützen richtet sich nach den möglich machbaren Ständen, die die Revierverhältnisse und die Sicherheit vorgeben – nicht umgekehrt. Wir müssen uns bei dieser Art von Jagden frei machen, sie als gesellschaftlicher Event zu betrachten. Sie sind in erster Linie Arbeitsjagden, um in sehr kurzer Zeit den biologisch und wirtschaftlich relevanten Abschuss beim Jungwild und dem dazugehörendem weiblichen Wild so zu erfüllen, dass mögliche Schäden durch das übrige Wild tolerierbar werden. Ein Großteil auftretender Wildschäden ist leider durch die fehlende Ruhe infolge inkonsequenter Jagdstrategien hausgemacht. So sei auch darauf hingewiesen, dass an diesen Jagden nur im sauberen Ansprechen und Schießen besonders erfahrene Jäger dieses Ziel verwirklichen können. Verwaistes Jungwild sollte im Nachgang dieser Jagden eigentlich nicht vorkommen.

50 bis 60 Schützen sollten als organisatorisch noch zu handelnde Obergrenze angepeilt werden. Die Stände sind möglichst so auszuwählen, dass der Schütze das anwechselnde Wild frühzeitig erkennt, es ansprechen und möglichst sauber erlegen kann. Schneisenstände in Dickungen gehören nicht dazu. Sie verleiten zu schnellen, unsauberen und gefährlichen Schüssen. Viele Fehl- und Krankschüsse sind meist ein Indiz für mangelhaft ausgesuchte Stände und nicht immer eine fehlende Schießfertigkeit bei den Jägern! Im Idealfall stehen die Stände im kupierten Waldgelände so, dass der Jäger mit Kugelfang sicher schießen kann, ohne benachbarte Schützen zu gefährden. Sollte das im seltenen Einzelfall mal nicht umzusetzen sein, müssen Gefahrenbereiche deutlich auf ein Anschlag- und Schießverbot aufmerksam machen. Die Sicherheit geht stets vor dem Jagderfolg! In einem entsprechend stark kupierten Gelände kann der Jagdleiter mit Schirmen arbeiten, besser jedoch lässt es sich von speziellen Drückjagdböcken aus jagen, die ein freies Mitschwingen auf nahes flüchtiges Wild genauso ermöglichen wie den zielsicheren aufgelegten Schuss auf entfernt stehendes Wild – persönlich sollte bei Bewegungsjagden aufgrund des sehr flachen Schusswinkels und der relativen Unübersichtlichkeit des Geländes die maximale Distanz bei 100 Metern liegen. Im Sinne einer raschen und lautlosen Einweisung des Schützen zur Jagd und einer unkomplizierten Wildbergung und Nachsuche im Nachgang derselben müssen nicht nur die Stände selbst, sondern auch der Abgang zum Stand an der Forststraße deutlich nummeriert sein.

Die Wahl des richtigen Stöbereinsatzes und dessen Qualität entscheiden über den Erfolg
Aufgrund zahlreicher eigener Beobachtungen scheint es so zu sein, dass der Störfaktor Hund in diesem Fall als Beunruhigung im Einstand von den Wildarten weit weniger nachtragend wahrgenommen wird als die menschliche Witterung, beispielsweise von Treiberwehren. Dabei ist der gleichzeitig auf großer Fläche verteilt angesetzte Stöbereinsatz von einzeln und fährtenlaut jagenden Hunden Garant dafür, dass viel Wild von Beginn des Treibens an auf den Läufen ist und somit viele Jäger mehrfachen Anlauf in kurzer Zeit bekommen.

Je nach Wildart, Reviertyp und waldbaulichen Gegebenheiten plant der Jagdleiter die Organisation des Stöbereinsatzes speziell zugeschnitten. In kleinen Revieren ohne schwere Einstände oder in der Nähe von Verkehrsadern kann es manchmal möglich sein, nur mit wenigen Treibern ohne den Einsatz von Jagdhunden operieren zu müssen. Sind die Reviere gut begehbar, die Einstände übersichtlich und besteht keine besondere Verkehrssicherungspflicht, sind einzelne kurz jagende Hunde eine bereichernde Unterstützung für die Treiber.

Erfahrene Stöberhundeführer sind mit ihren guten Hunden das eigentliche Kernstück einer jeden Bewegungsjagd. Mit ihrer Qualität und ihrem Engagement steht und fällt der Erfolg der Jagd. Für den Jagdleiter garantieren sie ein hohes Sicherheitsbewußtsein im Umgang mit der Waffe. Sie versehen zuverlässig ihre Aufgabe und schreiten in kritischen Situationen ohne Angst helfend für Hund und Mitjäger rasch ein, beherrschen ihr Handwerk und vertreten jagdliche Moral und Anstand mit einem souveränen Auftreten. Doch das kommt nicht von ungefähr. Gute, verlässliche Hundeführer wachsen nicht auf Bäumen. Sie brauchen wie ihre Hunde gute und viele Jagden, um schnell die notwendige Erfahrung sammeln zu können. Entsprechend frühzeitig sind sie für die kommende Saison ausgebucht. Für den Jagdleiter bedeutet das, seine geplanten Jagden rechtzeitig zu terminieren, um im Herbst auf eine bewährte und routinierte Mannschaft zurückgreifen zu können.

Mit der Feinplanung beginnt nun die konkrete Planung
Anhand der Revierkarte (1:5000- 1:10.000) oder einer Luftbildaufnahme erläutert der Jagdleiter zunächst allen Funktionsträgern den geplanten Jagdablauf im Detail. Anlässlich einer Jagdbesprechung im Revier werden im Einzelnen alle Treiben abgefahren und durchgesprochen, Begrüßungsplatz, Aufbrechplatz und Streckenplatz als logistische Knotenpunkte besichtigt sowie eine endgültige Aufgabenverteilung allen Verantwortlichen übertragen:

  • Jagdtermin mit exaktem Ablauf- und Zeitplan
  • Detaillierte Festlegung der nummerierten Schützenstände
  • Aufteilung der Hundeführertrupps/ Treibergruppen
  • Einteilung der Nachsuchenhunde
  • Namentliche Festlegung der Ansteller, ihrer Stände und Anstellreihenfolge, Strecken- und Nachsuchenerfassung
  • Namentliche Einteilung der Wildbergetrupps und der Wildversorgung/ Streckenplatz/ Wildverkauf
  • Verkehrssicherung/ Absperrung der Treiben gegen Unbefugte/ Warnkleidung
  • Versand der Jagdeinladungen
  • Notfallliste – Ersthelfer/ Notrufnummern/ Tierarzt benennen
  • Schützenstände herrichten (Nummer/ Schussfeld/ Sicherheit)
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