Revidiertes Waffengesetz: mit einem Fuss im Gefängnis?

Wer seinem Jagdkameraden den Repetierer für einen Tag ausleiht, macht sich strafbar. Dies ist nur eines von vielen Beispielen, über das wir aufgrund des revidierten Waffengesetzes stolpern könnten.

Veröffentlicht am 17.08.2022

Im Jahr 2008 ist in der Schweiz das revidierte Waffengesetz in Kraft getreten. Grund dafür war der Beitritt zum Schengenraum. Hinzu kam 2019 die Umsetzung der Änderung der EU-Waffenrichtlinie. Darüber konnte das Schweizer Stimmvolk aufgrund eines Referendums abstimmen. Es hat die neuen Richtlinien mit 63,7 % angenommen.

Eines scheint aus heutiger Sicht klar: Wer damals glaubte, der Wandel betreffe vor allem Sportschützen mit halbautomatischen Waffen und nicht uns Jägerinnen und Jäger, irrte. Die Revision des Waffengesetzes und die neuen EU-Richtlinien bewirken, dass das Waffengesetz bei uns immer rigoroser gehandhabt wird. Behörden – insbesondere Staatsanwaltschaften – gewähren keinen Spielraum mehr, man möchte auf der sicheren Seite bleiben.

Zwei Einträge bedeuten «Jagd vorbei»

Für Jägerinnen und Jäger ist es unerlässlich, sich punkto Waffengesetz auf dem neuesten Stand zu halten. Denn Verstösse führen heute meist zu einem Verfahren, bei dem man schlechte Karten hat. Und: Wer mehr als einen Strafregister-Eintrag – egal welcher Art – hat, darf keine Waffen mehr besitzen oder erwerben (bei einem Eintrag wegen Gewalt oder Gemeingefährlichkeit ist verständlicherweise sofort Schluss).

Die Waffen werden dann eingezogen, und bis die Strafeinträge gelöscht sind, heisst es definitiv «Jagd vorbei». Dazu kann es schneller kommen, als man denkt: Ein Strafregister-Eintrag wegen eines Vergehens im Strassenverkehr und einer wegen einem irrtümlich begangenen Verstoss gegen das Waffengesetz reichen zum Beispiel. Jagd und Natur listet daher die für Jägerinnen und Jäger gefährlichsten Stolpersteine*) im Waffengesetz hier auf:

Kein Verleihen ohne Meldung

Der Teufel liegt bekanntlich im Detail: Für das Waffengesetz ist nicht entscheidend, wer Eigentümer einer Waffe ist, sondern, wer sie besitzt. Besitzer ist immer diejenige Person, bei der sich die Waffe physisch befindet – auch wenn der Eigentümer eine andere Person ist. Und: Es kann immer nur eine Person rechtmässiger Besitzer einer Waffe sein. Sich eine Waffe teilen, ist daher nicht möglich. Jede Form der Besitzübertragung ist ein Erwerb im Sinne des Waffengesetzes. Konkret: Wer einem Jagdkollegen oder einer Jungjägerin seine Waffe ausleiht – und sei es nur für einen Tag – macht sich strafbar. Für meldepflichtige Waffen (z.B. Repetiergewehr oder Bockflinte) ist also ein schriftlicher Vertrag und die Meldung ans zuständige Waffenbüro notwendig. Für bewilligungspflichtige Waffen wie einen Fangschussrevolver oder eine Selbstladeflinte muss sogar ein Waffenerwerbschein ausgefüllt und eingeschickt werden. Wird die Waffe später an den Eigentümer zurückgegeben, so muss der Besitzwechsel – und damit erfolgte Erwerb – erneut wie beschrieben durchgeführt werden. Es ist klar, dass sich dieser Aufwand in der Regel nicht lohnt.

Waffe vergessen? Sofort handeln!

Sollte jemand seine Waffe nach einer Gemeinschaftsjagd oder auf der Jagdschiessanlage vergessen, darf man sich diese nicht aneignen – auch nicht vorübergehend. Der Besitzer muss sofort verständigt werden, damit er die Waffe unverzüglich abholt. Ist das nicht möglich (z.B., wenn der Besitzer nicht auffindbar ist), so muss man umgehend die Polizei benachrichtigen, damit diese die Waffe an den fehlbaren Besitzer vermitteln kann. Gleiches gilt, wenn zwei Personen versehentlich ihre Waffen vertauschen.

Waffen nachmelden

Mit der Umsetzung der EU-Richtlinien aus dem Jahr 2019 wurden zahlreiche – vormals erlaubte – Waffen verboten. Darunter fallen zu Halbautomaten umgebaute Serienfeuerwaffen (z.B. Stgw 57 und Stgw 90 aus Armeebestand (mit A…-Seriennummern gekennzeichnet), andere umgebaute Seriefeuerwaffen wie z.B. AK47, …), von Werk aus halbautomatische Gewehre mit einer Magazinkapazität von mehr als 10 Schuss (z.B. Stgw 90-PE) und von Werk aus halbautomatische Pistolen mit einer Magazinkapazität von mehr als 20 Schuss (z.B. Glock 17 mit 30-Schuss-Magazin). Diese Waffen sind seit 2019 verboten und bedürfen beim Erwerb einer «kantonalen Ausnahmebewilligung klein» – die man in der Regel bekommt, wenn keine Hinderungsgründe dagegensprechen. Wurden sie bereits vorher erworben, so darf man sie weiterhin besitzen – muss sie aber bis 15. August 2022 im Waffenbüro melden (sofern sie nicht bereits im Waffenregister eingetragen sind). Danach ist die Nachmeldefrist verstrichen, nicht gemeldete Waffen können eingezogen werden.

Achtung, Ausnahmebewilligung erforderlich

Wer ein Wärmebild- und Nachtsicht-Zielgerät erwerben möchte, braucht dazu eine «kantonale Ausnahmebewilligung gross». Für den Erwerb von Vorsatzgeräten ist dies nicht erforderlich. Doch was viele nicht wissen: Um ein Vorsatzgerät zu nutzen (also um ein Zielfernrohr und ein Vorsatzgerät zu einem Nachtsichtzielgerät zu kombinieren), ist ebenfalls eine «kantonale Ausnahmebewilligung gross» erforderlich (zusätzlich zur Bewilligung der Jagdverwaltung; Quelle: Kantonspolizei Zürich).

Waffentransport: Magazin muss leer sein

Befinden wir uns auf der Jagd, so ist das Magazin selbstverständlich geladen. Beim Transportieren der Waffe ins Revier oder auf dem Weg in den Schiessstand muss das Magazin hingegen leer sein (und selbstverständlich auch das Patronenlager). Es ist auch nicht erlaubt, ein abgespitztes Magazin getrennt von der Waffe (zum Beispiel in der Jackentasche) zu transportieren, das leere Magazin darf man jedoch in der Waffe lassen.

Text: Raphael Hegglin, Fotos: pixabay.de und blaser.de

 

*) Die Auflistung beruht auf dem Referat «Schweizer Waffenrecht» von Philippe Mathis, Dienstchef Fachstelle Waffen-Sprengstoffe, Kantonspolizei Zürich.

 

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